Aus dem INFOE-Vorstand reiste Elke Falley-Rothkopf bereits im Vorfeld der Verhandlungen an und konnte so zusammen mit dem Team von AIDESEP, dem peruanischen Mitgliedsverband der COICA, an der Koordination der Veranstaltungen und der DolmetscherInnen sowie auf ausdrückliche Einladung durch die COICA auch an der vorgeschalteten Konferenz zur Vorbereitung der COP im Ministerium für Kultur ebenso wie ihre Kollegin Bärbel Henneberger teilnehmen.
Insgesamt hatten COICA und AIDESEP fünf große Blöcke mit Aktivitäten und Veranstaltungen organisiert:
1. Die Vorbereitungskonferenz im Ministerio de Cultura fand vom 26.-28.11.2014 statt. Neben Gesprächen mit nationalen Regierungsdelegationen wählte hierbei der Indigene Caucus aus den weltweiten Repräsentanten seinen Vorsitz für die COP 21: Alberto Pizango, der zu dem Zeitpunkt amtierende Präsident von AIDESEP, Peru, wurde zum Präsidenten des Caucus, als Vizepräsident Rodion Sulyandziga aus Sibirien, gewählt. Im Caucus wurden die gemeinsamen Ziele für die COP erarbeitet.
2. Hieran schlossen sich ab dem 1.12. auf dem offiziellen COP-Gelände die Durchführung des Indigenen Caucus, Vorträge, Pressekonferenzen, Betreuung der Ausstellung „Pabellón Indígena“ in Zone F und des Stands Nr. 118 von COICA und AIDESEP in Zone G sowie natürlich die Teilnahme an den Verhandlungen an. Da für die COICA und AIDESEP bei den Klimaverhandlungen quasi „vor ihrer Haustür“ eine möglichst breite Beteiligung von RepräsentantInnen der indigenen Völker Amazoniens wichtig war, um ihrer spezifischen Situation und ihren Belangen eine möglichst starke Stimme zu verleihen, akkreditierte INFOE zwei Kollegen von COICA und AIDESEP, während uns freundlicher Weise ein Netzwerk deutscher Nichtregierungsorganisationen, die auch an der COP teilnahmen, bei der Zulassung weiterer indigener KollegInnen zu den offiziellen Verhandlungen half.
3. Parallel zu den Aktivitäten auf dem nur mit Akkreditierung zugänglichen Campus der COP führten AIDESEP und COICA aber darüber hinaus zwei Wochen lang Veranstaltungen in einem eigenen Bereich für indigene Völker im einige Busminuten entfernten und für die breite Öffentlichkeit zugänglichen Gelände des Jockey Clubs durch. Dort befand sich die Maloca mit einer multimedialen Ausstellung zu Anliegen und Themen indigener Völker. Außerdem fanden hier täglich zwischen 10.00 und 18.00 Uhr Vorträge und kulturelle Veranstaltungen indigener Repräsentanten und Delegationen aus aller Welt statt. An die 300 indigene TeilnehmerInnen aus Amazonien von regionalen, nationalen und internationalen Dachverbänden, aber auch Basisorganisationen, die die COICA eingeladen hatte, informierten hier über die Bedeutung ihres traditionellen Wissens und ihrer Territorien für den Waldklimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel sowie über die Bedrohungen, denen sich indigene Völker weltweit aufgrund der Ursachen des Klimawandels ausgesetzt sehen.
4. Als weitere öffentlichkeitswirksame Maßnahme mit Medienwirkung formierten am 6. Dezember 2014 Hunderte Repräsentanten indigener Völker Amazoniens (z.B. der Shipibo, Asháninka, Achuar, Awajún, Kichwa und insbesondere aus der Comunidad Shipiba de Cantagallos, Lima) mit Vertretern von NRO am Strand von Agua Dulce eine Menschenkette, um auf die Bedeutung der Sicherung territorialer Rechte für die indigenen Völker zum Schutz der Wälder aufmerksam zu machen. Diese von Amazon Watch, COICA, AIDESEP u.a. organisierte Menschenkette sollte darüber hinaus an die vier im Juni in Peru ermordeten Asháninka erinnern. Auch an dieser Veranstaltung nahmen Elke Falley-Rothkopf und Bärbel Henneberger aktiv teil. Weitere Informationen unter http://amazonwatch.org/news/2014/1206-indigenous-perspectives-on-climate-change-revealed-in-massive-art-action-at-cop20.
5. COICA und AIDESEP beteiligten sich außerdem mit den von ihnen eingeladenen indigenen Repräsentanten und Organisationen am öffentlichen Gegengipfel, dem Cumbre de los Pueblos. Informationen zu von AIDESEP u.a. organisierten Veranstaltungen z.B. unter http://cumbrepuebloscop20.org/es/victoria-tauli-corpuz-estoy-mas-contenta-de-estar-aqui-que-en-la-cumbre-oficial/ sowie zu der Erklärung des Cumbre, die am 11.12. an die COP 20 überreicht wurde, unter http://cumbrepuebloscop20.org/es/conozca-la-declaracion-de-lima-y-su-entrega-la-cop-20/. Die Forderungen des Cumbre wurden am 10.12. in der Gran Marcha de los Pueblos, einer großen Demonstration durch das Zentrum Limas, zum Ausdruck gebracht. INFOE und die von INFOE organisierten freiwilligen Helfer nahmen an dieser friedlichen Demonstration an der Seite ihrer KollegInnen von der COICA und zusammen mit vielen RepräsentantInnen internationaler indigener und zivilgesellschaftlicher Organisationen teil. Bei der Abschlusskundgebung auf der Plaza San Martín erklärten so neben den VertreterInnen aus Amazonien und dem andinen Raum sowie Mittelamerika auch zwei Indigene aus Nordamerika ihre Solidarität mit dem Widerstand gegen die Zerstörung Amazoniens und der Forderung nach dem Schutz indigener Territorien für den Klimaschutz, indem sie für die Versammelten ein Lied sangen, das auch in spiritueller Hinsicht Kraft verleihen sollte.
INFOE nahm an all den oben genannten Veranstaltungen aktiv teil. Auf dem offiziellen, nur mit Akkreditierung zugänglichen Gelände haben wir bei Pressekonferenzen, Side Events und bilateralen Gesprächen für die indigenen RepräsentantInnen gedolmetscht, wozu auch die Einweisung, Koordination und Leitung des Teams der akkreditierten Freiwilligen gehörte.
Am 4.12.2014 fand ein Side Event zum Thema „REDD and Beyond: International and Indigenous Strategies in Forest Protection“ statt, der gemeinschaftlich vom Klimabündnis, der Lund University, BECC, dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (d i e), der giz, OroVerde und INFOE organisiert und durchgeführt wurde und im Rahmen dessen der Präsident AIDESEPs, Alberto Pizango, die Besonderheiten des Konzepts REDD+ Indígena Amazónico (RIA) deutlich machte, dem indigenen Vorschlag zum Waldschutz, der sich nicht auf den Aspekt CO2 beschränkt, offsets ablehnt und in bisher fünf weitgehend geplanten Pilotprojekten die traditionelle Lebensweise fördern möchte.
Wir freuen uns, dass in vielfacher Hinsicht die Möglichkeit der Vermittlung von Kontakten zu indigenen RepräsentantInnen und Übermittlung indigener Anliegen durch INFOE von VertreterInnen internationaler NRO, aber auch der EU- und der Delegationen der Bundesregierung in Anspruch genommen wurde. Wir haben zahlreiche Gespräche zu unseren Tätigkeiten und Zielen und Interviews geführt und sind dankbar für die Gelegenheit, dass wir u.a. ein ausführliches Gespräch zwischen der COICA und der Delegation des BMUB sowie der Bundestagsabgeordneten am 12.12. koordinieren und an selbigem teilnehmen konnten. Diese Kontakte und Treffen sind das Ergebnis (und Ziel…) der langjährigen Aktivitäten und Zusammenarbeit INFOEs auch mit Institutionen der deutschen Regierung wie dem BMZ und dem BMUB. Wir danken auch Michael Schrick von der Informationsstelle Peru für die Vermittlung von wichtigen Kontakten im Rahmen der COP.
Wir freuen uns, dass das von der Informationsstelle Peru über Hildegard Willer koordinierte Team der Klimareporteros täglich Berichte über und um die COP 20 veröffentlichte, die auf der homepage der Informationsstelle Peru (www.infostelle-peru.de) abgerufen werden können und in verschiedenen Beiträgen ebenfalls den indigenen RepräsentantInnen und ihren Anliegen eine Stimme verleihen.
Eine „deutsche“ bzw. „englische“ Stimme haben den spanischsprachigen Beiträgen indigener RepräsentantInnen die von INFOE und Informationsstelle Peru organisierten Freiwilligen Dustin Simone, Julian Oppler und Keith Madden mit dem Dolmetschen der Veranstaltungen in Voces Por el Clima und auf dem Cumbre de los Pueblos verliehen. Für ihren Einsatz und die Begleitung der Veranstaltungen danken wir ihnen sehr.
Wir haben die Enttäuschung und Frustration unserer indigenen KollegInnen über das Abschlussdokument am 12.12. nach zwei Wochen intensivster Verhandlungen und Aktivitäten geteilt, aus dem der Begriff „indigene Völker“ aus allen Absätzen gestrichen worden war. Dieses Dokument wurde in der Verlängerung bis in die Nacht des 13.12. noch nachverhandelt, wo die indigenen und zivilgesellschaftlichen Delegierten Verbesserungen erzielen konnten. (Zu den Beschlüssen der COP vgl. http://unfccc.int/2860.php#decisions) Es stellt nun die Grundlage für die Verhandlungen bis und in Paris dar.
Wir teilen die Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Industrienationen und ihrer Unternehmen, ihre Verantwortung an den Ursachen des Klimawandels anzuerkennen und die Auswirkungen desselben auf diejenigen, die dazu am wenigsten beigetragen haben, zu bremsen und zu kompensieren.
Wie es z.B. Franco Viteri (Kichwa, Ecuador) in seiner Rede bei der Abschlussveranstaltung zum Pabellón Indígena am 12. Dezember auf dem Jockey Club-Gelände erwähnte, sehen und schätzen wir die Momente, in denen wir, die wir indigene und eben auch globale Belange unterstützen, zusammen mit unseren indigenen KollegInnen vorangeschritten sind.
Wir haben wenig Illusionen, dass dieser Weg einfach sein wird, aber wir sehen dazu auch keine Alternative und in Erinnerung an die Momente, wo die Gemeinsamkeit die Verschiedenheit der Interessen überwog, auch keine Veranlassung, diesen Weg zu verlassen.Insofern werden wir uns gemeinsam mit unseren indigenen Partnern auf die COP 21 in Paris vorbereiten. Unverzichtbarer Bestandteil dieser Vorbereitungen wird der Austausch und die Koordination mit deutschen Institutionen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen sein. Unverzichtbar wird es auch sein, sich auf ein mögliches Scheitern der Verhandlungen in Paris vorzubereiten.
Wir sehen die vielen Nuancen und die Ansätze in bilateralen Gesprächen und die Notwendigkeit, neben Worten auf Konferenzen und auf dem Papier, parallel bereits jetzt konkrete Aktivitäten zum Schutz der Umwelt und Territorien zu realisieren.
Uns ist bewusst, welch ein Kraftakt die Vorbereitung und die Durchführung der Veranstaltungen in personeller Hinsicht auf allen fünf og. Ebenen vor und im Rahmen der COP sowie die Teilnahme an den Verhandlungen für die indigenen Organisationen, technischen Angestellten und RepräsentantInnen der COICA und AIDESEPS gewesen ist und unter welch eingeschränkten finanziellen und verschlechterten politischen Rahmenbedingungen für indigene Völker im Gastgeberland Peru dieser Kraftakt stattgefunden hat, sodass – parallel zu den Verhandlungen auf dem offiziellen COP-Gelände mit eingeschränkter Teilnehmerzahl – im Pabellón Indígena und auf dem Cumbre in Lima indigene Delegationen zahlenstark und mit Medien- und öffentlicher Wirkung auftreten konnten.
Wir danken nochmals für die Bereitschaft, INFOE an all den Veranstaltungsbereichen im Rahmen unserer Möglichkeiten mitwirken zu lassen. Alle Erfahrungen aus dieser Teilnahme sind für uns sehr wertvoll und zusammen mit den indigenen KollegInnen fordern wir weiterhin:
- Die Anerkennung eines menschenrechtsbasierten Ansatzes in der Nachfolgevereinbarung zum Kyoto-Protokoll, der die Rechte indigener Völker in den Vereinbarungen zum Klimawandel respektiert.
- Die Anerkennung und Respektierung der Rechte indigener Völker an ihrem Land, Territorien und Rohstoffen. Hier hat Adolfo Chávez von der CIDOB, dem Mitgliedsverband der COICA aus Bolivien, auf der COP die Frage nach indigener Autonomie angesprochen, die sicher noch verstärkt zu diskutieren ist.
- Die Sichtbarmachung und das Aufhalten der wahren Treiber der Entwaldung, wie sie aidesep und COICA in ihren Informationsveranstaltungen und mit ihren Veröffentlichungen auf der COP, im Pabellón Indígena (Jockey-Club / Maloca) und beim Cumbre de los Pueblos anschaulich und mit breiter öffentlicher Wirkung dargestellt haben.
- Die Anerkennung und Respektierung der Bedeutung traditionellen indigenen Wissens, insbesondere auch der indigenen Frauen, sowie traditioneller Lebensweise bei Adaptation an und Mitigation des Klimawandels. Insofern ist es uns von Seiten INFOEs auch weiterhin ein Anliegen, zum indigenen Vorschlag zum Waldschutz in Amazonien, REDD+ Indígena Amazónico, zu informieren, der auf Planes de Vida Plena der jeweiligen indigenen Gemeinschaften unter Berücksichtigung ihrer traditionellen Lebensweise basiert, aber auch andere Konzepte und Projekte vorzustellen und bekannt zu machen. Hierzu wird es eine Reihe von Informationsveranstaltungen wie workshops, Tagungen und Seminaren geben.
- Die volle und effektive Partizipation indigener Gemeinschaften an allen Aktivitäten bezüglich des Klimawandels (wie u.a. capacity building, REDD-Programmen, aber auch community-based monitoring und information systems usw.). Für Paris ist es wesentlich, die Safeguards-Regulierungen zu REDD im Sinne der Wahrung der Interessen und Rechte indigener Gemeinschaften klar zu formulieren.
- Die Sicherstellung des direkten Zugangs indigener Völker zu Finanzierungssystemen der Vertragsstaaten und UNO sowie die Bereitstellung von Mitteln für die indigene Partizipation an den Verhandlungen.
Elke Falley-Rothkopf, im Februar 2015