Seit unserem Treffen mit indigenen Kollegen 2018 in Iquitos beschäftigen wir uns u.a. mit der Frage der erneuerbaren Energien in indigenen Gemeinschaften im peruanischen Amazonastiefland. 2023 erhielt das Projekt “Indigene Gemeinschaften in Amazonien und regenerative Energien” eine  Spende, mit der 2023 eine erste  Solaranlage für das Gemeinschaftshaus in Mairidicai installiert wurde. Auf Vorschlag der indigenen Organisation FECONAFROPU führten wir dieses Jahr einen Workshop für Jugendliche aus den indigenen Gemeinschaften am Putumayo zum Thema Erneuerbare Energien durch – einschließlich gemeinsamer Installation einer weiteren Anlage in der Gemeinschaft Nuevo Porvenir.

Solarenergie ist erneuerbare Energie, weil sie die Strahlung der Sonne nutzt, die für unsere Welt eine Konstante ist. Für die Umwandlung der absorbierten Strahlung in Elektrizität für die Verwendung durch uns setzt sie kein CO2 frei, das zur Erhitzung der Erdatmosphäre beiträgt, wodurch sich weltweit das Klima ändert. Daher wird Solarenergie auch zu den sauberen Energien gezählt.

Foto©Monika Urban vom INFOE-Team in Mairidicai: Sebastian Cona, Elektriker aus Chile, beim Workshop

Weil die für die herkömmliche Gewinnung von Elektrizität genutzten Brennstoffe wie Gas und Erdöl auf der Erde zu irgendeinem Zeitpunkt zu Ende gehen werden, denn ihre Entstehung benötigt Jahrtausende (Jahrmillionen), werden sie nicht zu erneuerbaren Energien gezählt. Die Sonne jedoch wird weiter scheinen und genutzt werden können. Für die Gewinnung von Energie durch Solarpanele und – thermie werden für die Geräte auch Rohstoffe benötigt und sie müssen sparsam verwendet werden. Solarenergie kostet zu Beginn bei der Anschaffung der Systeme und in einem geringeren Umfang bei der Wartung und Reparatur.

Für die Länder mit vielen Sonnenstunden und hoher Insolation bietet sich die Nutzung von Solarenergie regelrecht an. Peru ist eines von diesen Ländern und dies gilt auch für das Amazonastiefland. Hier hat Solarenergie auch noch einen großen Vorteil, weil sie dezentral eingerichtet werden kann und somit auch in abgelegenen, nicht an ein Netz angeschlossenen Orten. Und so ist Solarenergie auch ganz besonders interessant für indigene Gemeinschaften, die wie die ganze Welt vom Wandel des Klimas mit all seinen, zum Teil noch unvorhersehbaren, Auswirkungen betroffen sind und sein werden. Auch inden indigenen Gemeinschaften gilt es, den Menschen Erleichterung für die zunehmende Hitze zu ermöglichen.

©Robertina Coquinche
Medizinisches Unterstützungsteam und Boot einer medizinischen Versorgungsmission

In den meisten indigenen Gemeinschaften fehlt immer noch die medizinische Grundversorgung und sie sind (in Amazonien) mit Sanitätsbooten zwar über die Flüsse zu erreichen. Dieser Service wird jedoch noch nicht sicher und ausreichend geboten. Außerdem benötigen Medikamente Kühlung, die allgemein mit Klimaanlagen und mit Kühlschränken gewährleistet werden könnte – für manche Medikamente wie zB. gegen Tuberkulose oder manche Impfstoffe muss gar eine besondere Kühlkette gesichert werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Bildung. Sollen auch die entlegensten Gemeinschaften mit Online-Unterricht erreicht werden, so ist ein Zugang zum Internet theoretisch mit dem Erwerb des entsprechenden, solarversorgten Equipments (z.B. mit Starlink) möglich. Auch dafür wird aber Strom benötigt. Hier können schon kleine Solaranlagen große Dienste leisten. Für die Kommunikation der Menschen untereinander über die enormen Distanzen in Amazonien hinweg, aber auch mit Behörden, der Polizei und Institutionen („dem Staat“, über dessen Abwesenheit überall in Amazonien immer wieder geklagt wird), für Hilfe in medizinischen Notfällen, ist der Zugang zum Internet und zu Strom für die Aufladung der Handies, laptops usw. sehr wichtig. So könnte die zu einer immensen Benachteiligung und Gefährdung der indigenen Gemeinschaften und ihrer Bewohner*innen führende Marginalisierung ein stückweit reduziert werden.

Dies hat auch eine enorme Bedeutung für die Sicherheit der Menschen, der Territorien und des Waldes, denn mit den Kommunikationsmöglichkeiten kann rascher Hilfe herbeigerufen, können Anzeigen, Klagen und Beschwerden weitergeleitet werden, damit der Staat auch einfacher seine Schutzfunktion erfüllen, bzw. diese eingefordert werden kann. (Die Drogen- und Holzfällermafias, die am Putumayo eine große Bedrohung darstellen, verwenden ihrerseits moderne Technik für ihre illegalen Aktivitäten.) Die Teilnahme an politischen Debatten wird für die Bewohnerinnen und Bewohner der indigenen Territorien durch den Zugang zum Internet erleichtert.

®Monika Urban: Ein Solarpanel für den Workshop, in Iquitos gekauft, wird zum nächsten Etappenziel, dem Flugplatz der FAP, gebracht

Natürlich ist es nicht einfach, die indigenen Gemeinschaften Amazoniens mit Equipment für Solartechnik zu beliefern, aber auch nicht unmöglich. Wichtig ist es, auch das Wissen weiterzugeben, wie die Geräte zu warten sind, z.B. durch die Schulung junger Menschen und auch die Ausbildung zu Elektrikerinnen und Elektrikern, die sich ihren Lebensunterhalt durch die Betreuung der Familien in den indigenen Gemeinschaften verdienen könnten.

Wenn das peruanische Schulsystem bilingualen Unterricht vorsieht, doch Lehrkräfte fehlen oder diese die harten Lebensbedingungen in den indigenen Gemeinschaften fürchten oder nicht aushalten, könnten die Gemeinschaften online am Unterricht teilhaben, jedoch auch ihre eigenen Lehrkräfte und – inhalte bestimmen, denn die Erfahrungen der Pandemie haben gezeigt, wie wichtig auch die persönlichen Begegnungen für die Entwicklung der Kinder sind.

Um noch einmal auf die Schwierigkeit der Belieferung und Versorgung der Bevölkerung in den abgelegenen indigenen Gemeinschaften zurückzukommen: Sollte die Aufgabe zunächst „erschlagend“ wirken, so ist an die geringen Bevölkerungszahlen Amazoniens zu erinnern, die eine Grundversorgung wiederum auch kostenmäßig für staatliche und individuelle Unterstützung erreichbar machen.

Im Sinne der von der Weltgemeinschaft verabschiedeten globalen Nachhaltigkeitsziele („SDG“) und der Menschenrechte haben eben auch die indigenen Völker, Gemeinschaften und Bewohnerinnen Amazoniens alle Rechte und Ansprüche – wie bezahlbare und saubere Energie (SDG 7), Maßnahmen zum Klimaschutz (SDG 13), weniger Ungleichheiten (SDG 10), menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum (SDG 18), nachhaltigen Konsum und Produktion (SDG 12) Frieden und Gerechtigkeit (SDG 16) und Partnerschaften (SDG 17) usw.

Wenn, wie immer darauf hingewiesen wird, sie auch über das Wissen über den Schutz des Regenwaldes und seiner Flüsse verfügen, so ist die Nutzung von dezentraler Solartechnik wo immer möglich ein wichtiger Ansatz für die eigenverantwortliche Entwicklung der indigenen Gemeinschaften und endlich ihre Einbindung in politische Prozesse.

Für einen Staat wie Peru ist die Solarenergie eine vergleichsweise kostengünstige, aber nachhaltige Voraussetzung für die Erfüllung von Versorgungs- und Schutzaufgaben. Ein besonderer Aspekt in diesem Kontext ist die Verbesserung der Sicherheit in den entlegenen und damit heute noch so häufig rechtsfreien Räumen.

Beitrag von Elke Falley-Rothkopf zum INFOE-Projekt Indigene Gemeinschaften in Amazonien und regenerative Energien vom 3. März 2024, geschrieben im Hostal in El Estrecho, in der Nähe von Mairidicai am Putumayo, Peru.

Zur gleichen Zeit installierten Workshop-Teilnehmende, Mitglieder von FECONAFROPU und das restliche INFOE-TEAM vor Ort die Solaranlage in der indigenen Gemeinschaft Nuevo Porvenir.

Anleitung zum Anbringen einer Solaranlage