Vom ersten bis zum vierten Juni veranstaltete die Bundesregierung die internationale Konferenz über erneuerbare Energien „Renewables 2004“. Der Beschluss hierzu war auf dem Johannesburger Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung gefasst worden, an der auch VertreterInnen indigener Völker umfassend beteiligt waren. Die Ausrichter hatten sich zum Ziel gesetzt, über die mageren Ergebnisse von Johannesburg deutlich hinauszugehen und weitergehende Selbstverpflichtungen der teilnehmenden Staaten zu erwirken. Wer fürchtete infœ sei zwischenzeitlich überflüssig geworden, weil alle Welt Rechte, und Bedeutung indigener Völker anerkennt, der sah sich in Bonn eines schlechteren belehrt.

Wie schon bei vorangegangenen Konferenzen im Rahmen des Rio-Nachfolgeprozesses hat infœ sich auch im Vorfeld der „Renewables 2004“ dafür eingesetzt, indigenen Ver­tretern die Partizipation an diesem Treffen zu ermöglichen. Nach Konsultation mit indigenen Organisationen aus Asien, Afrika und den Amerikas konnten Daniel Salau und Yusuf Ali Lakicha, Massai aus Kenia sowie Hector Huertos Gonzales, Vertreter der Kuna aus Panama mit infœ-Unterstützung an der Konferenz teilnehmen. Weitere Delegierte wurden vom Klimabündnis unterstützt.

Aus der Sicht der indigenen Völker hatte die „Renewables 2004“ einen schwerwiegenden Geburtsfehler: Dass indigene Völker seit 1992 als wichtige Interessengruppe (major stakeholder group) aller Rio-Nachfolgeprozesse anerkannt sind, ist offensichtlich nicht bis zu den Ausrichtern des Bonner Multi Stakeholder Dialogue durchgedrungen. In der Auflistung der zugelassenen Stake­holders waren zwar Industrie, Kommunalverwaltungen und NGOs zu finden, nicht jedoch Indigene. Nur nach einer Intervention eines Bundestagsabgeordneten erhielten zwei der von infoe eingeladenen Indigenen überhaupt Zugang zum Konferenzzentrum. Ein dritter Gast musste sich als Journalist akkreditieren lassen, um die Bonner Gespräche beobachten zu können.

Angesichts der Verletzungen der Rechte indigener Völker, von denen die Gäste zu berichten wussten, ein skandalöser politischer Rückschritt. So wurden allein im Kenianischen „Great Rift Valley“ mehr als 10.000 Menschen vertrieben um für die Erschließung geothermischer Ressourcen Platz zu machen. Es gab keinerlei vorhergehende Konsultation, nicht einmal einen Stromanschluss als Entschädigung. Ähnlich die Lage in den selbstverwalteten Indianergebieten Panamas, wo die Staudammbauten zusätzlich für die Ausbreitung von Malaria sorgen.

Dass sie erneuerbaren Energien grundsätzlich positiv gegenüberstehen, dass sie aber die Respektierung ihrer Rechte zur Vorbedingung machen, beginnend bei der gleichberechtigten Teilnahme an der Bonner Konferenz, verdeutlichten die Vertreter indigener Völker in einer gemeinsamen Deklaration, die dem Kon­fe­renzsekretariat übergeben wurde und die auch auf www.infoe.de dokumentiert ist. Mit dieser Deklaration erinnern sie daran, dass die Industriestaaten die Hauptverantwortlichen der weltweiten Klimaerwärmung seien und dass diese mithin den größten Beitrag zur Emissionsreduzierung zu leisten hätten. Sie fordern ein, dass auch beim Ausbau regenerativer Energien die grundlegenden Rechte indigener Völker wie sie in der ILO-Konvention 169 festgeschrieben sind, gewahrt bleiben müssen und insbesondere dass die vorherige freie und informierte Zustimmung zu jedem sie betreffenden Projekt eingeholt werden müsse.
Ein ausführlicher Artikel über die indigene Kritik am Bonner Gipfel erschien am 4.6. 2004 in der Berliner ‘tageszeitung’. Auch dem Deutschlandfunk war der Ausschluss der Indigenen einen Bericht wert. Es steht zu hoffen, dass die Konferenzausrichter aus der öffentlichen Kritik an ihrem Verhalten gelernt haben.