von Tanja Löbbecke

Am 29. April 2025 hatten INFOE e.V und das Allerweltshaus zu einem Gesprächsabend über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Karamojong Pastoralist*innen eingeladen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Karamojong-Frauen und die Frage gelegt, warum und wie diese Frauen ihre kulturellen Praktiken und Lebensweisen trotz des Klimawandels beibehalten, während andere Menschen aufgrund dessen ihre Heimat verlassen müssen und beispielsweise nach Deutschland flüchten.

Aus verschiedenen Perspektiven wurde über Erfahrungen mit den Herausforderungen des Klimawandels in Uganda und Deutschland gesprochen. Hierzu war uns Esther Atem Odong, Karamojong-Vertreterin aus Nordost-Ugangda online zugeschaltet. In unserem  ‚hybriden fish-bowl‘ Setting waren Justus Herrmann, Vorstandsmitglied von ClimateNarratives, sowie Gäste aus dem Publikum am Dialog beteiligt, der von Sabine Schielmann, Koordinatorin des INFOE-Projekts „Begegnungen mit indigenen Gemeinschaften für den sozial-ökologischen Wandel“ moderiert wurde.

Zu Beginn des Abends wurde nach der Begrüßung und dem Bereitstellen von Häppchen und Getränken ein kleines Video über das Leben der Karamojong-Viehhüter*innen gezeigt, in dem das Publikum einen Einblick in die Lebensweise der Karamojong-Pastoralisten bekam.

Der Dialog startete mit Esther, die über sich persönlich, ihr Leben als Karamojong in Uganda und ihre ehrenamtliche Arbeit bei KHH (Karamoja Herders of the Horn) berichtete. Sie teilte ihre Sicht auf den Pastoralismus und ihre Erfahrungen, die auch in ihren Blogbeiträgen nachgelesen werden können. Anschließend gab Justus Einblicke in die Arbeit von ClimateNarratives. Diese Organisation sammelt weltweit Erzählungen von Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Klimakatastrophen verlassen müssen. Ziel ist es, den Betroffenen eine Stimme zu geben, indem ihre individuellen Fluchtgeschichten in Podcasts sowie in Bildungs-, Umwelt- und Kulturinstitutionen wie Museen, Radio und TV veröffentlicht werden. Mit seinem Fokus auf dem ‚Hörbar-Machen‘ der mündlichen Geschichten von Betroffenen und Engagierten nutzt  ClimateNarratives ein Medium, das auch in indigenen Gemeinschaften wie den Karamojong wesentlich für die Weitergabe von Erfahrungen, kulturellem Wissen und den Austausch zu aktuellen Fragen und Problemen ist.

Im Verlauf des Abends wurde das Thema Resilienz der Menschen angesprochen, die den Folgen des Klimawandels ausgesetzt sind. Esther berichtete von ihrer Gemeinschaft, die die Auswirkungen der Klimakatastrophen in verschiedenen Bereichen spürt. Sie sprach vom Verlust von Besitz wie Land und Vieh, der sowohl durch staatliche Maßnahmen als auch durch Dürre verursacht wird. Diese Verluste führen dazu, dass die Menschen sich nicht mehr selbst versorgen können, was wiederum Konflikte, Diebstähle und sogar Morde nach sich zieht. Zudem müssen Frauen noch härter arbeiten und treffen oft schwere Entscheidungen, die ihnen die aktive Teilnahme am Gemeinschaftsleben erschweren. Manche Frauen entscheiden sich, in die Stadt zu gehen, wo sie häufig auf der Straße landen, während andere gegen den Landverlust protestieren. Solche Situationen führen leider auch zu Gewalt, wie Entführungen, Vergewaltigungen oder Tötungen. Esther betonte außerdem, dass diese Umstände großen psychologischen Stress und andere psychische Belastungen verursachen.

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Auch Justus teilt Erfahrungen von Menschen, die den Folgen des Klimawandels ausgesetzt sind, wie beispielsweise die Bevölkerung im Ahrtal. Sie leben teilweise in Angst davor, dass die Hochwasserkatastrophe von 2021 sich wiederholt, haben aber oft auch nicht die Mittel und Wege ihre Heimat zu verlassen.

Ein weiteres großes Thema waren Adaptionsmethoden, welche beispielsweise in Uganda angewandt werden, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Hier ging Esther näher auf Etamam ein, einem traditionellen Verhandlungsmechanismus und Prozess des Zugangs und der Nutzung von Ressourcen durch Pastoralist*innen, für dessen Erhalt sich Esther und die Mitarbeiter*innen von KHH einsetzen. (mehr dazu gibt es hier).

Unsere Gäste kamen mit dem Publikum in einen angeregten Austausch, an dem Esther trotz ihrer hybriden Teilnahme sehr präsent war und ihre Anliegen sehr eindrücklich mit uns teilte. Wieder einmal zeichneten sich die Begegnungen durch Wertschätzung und Zuversicht aus, die Verbindung, Inspiration und Perspektiven für ein solidarisches Wirken angesichts der brisanten Themen und häufig dramatischen Auswirkungen des Klimawandels in Uganda aber auch bei uns in Deutschland stärken.