Text: Joan Carling, Focal Person/Convenor Indigenous Peoples Major Group for Sustainable Development (Übersetzung: Sabine Schielmann)

“ZIEL 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen” (UN Agenda 2030)

Friedliche und integrative Gesellschaften werden geleitet von universellen Werten und wirksamen Regierungsführungen, die auf Vertrauen und Respekt vor der Vielfalt beruhen. Dies wird durch die Praxis von DAP-AY auf den Philippinen veranschaulicht, einer indigenen Institution, die das Gemeinwohl wahrt.

Die Kankanaeys, eine ethnolinguistische Gruppe der Igorot (d.h. der Völker der Berge) aus Sagada, einer ruhigen Stadt in der Mountain Province in der Region Cordillera auf den Philippinen, praktizieren das Dap-ay-System. Es ist eine indigene Institution, die von traditionellen Ältesten regiert wird und durch eine physische Struktur repräsentiert ist, die auch Dap-ay genannt wird. Letztere besteht aus Steinplatten, die in einem Kreis mit einem Lagerfeuer in der Mitte geformt sind. An seiner Seite befindet sich eine kleine Struktur, die den Jungen und Ältesten als Schlafplatz dient. Das Dap-Ay ist ein wichtiges Wahrzeichen und Zentrum eines jeden Dorfes. Es ist die traditionelle Schule für Jungen. Für den Ältestenrat ist es ein Treffpunkt für das Regieren und auch der Ort wichtiger Rituale und Zeremonien.

Die Werte von INAYAN (keinen Schaden anrichten) und LAWA (keine Verletzung von Regeln) werden im Dap-ay als moralische Maßstäbe für die Mitglieder der Gemeinschaft erlernt, denen zu folgen ist, um Frieden und Harmonie aufrechtzuerhalten. Ebenso ist das Motto IPEYAS NAN GAWIS (Teile das Gute) ein wichtiger Wert gegen Gier und die Verankerung des Prinzips des Teilens als Gemeinschaftsgeist, um auch die weniger glücklichen Mitglieder der Gemeinschaft zu unterstützen. Die Werte der Menschen sind ein moralisches Gut, das die Gemeinschaft gegenüber verschiedenen Herausforderungen widerstandsfähig macht. Diese Werte motivieren die Menschen, in Notzeiten Hilfe zu leisten und ihre bescheidenen Ressourcen zu teilen. Diese Werte sind von hoher Relevanz und gelten für alle Arten von Gesellschaften, sei es in reichen oder armen Ländern, insbesondere angesichts der gegenwärtigen globalen Klimakrise.

Die Angelegenheiten des Dap-ay im sozialen, politischen und spirituellen Leben repräsentieren auch eine ganzheitliche Führung der Gemeinschaft. Es stärkt das Gemeinschaftsleben, indem es die Harmonie mit der Natur, mit den Vorfahren und unter den Menschen wiederherstellt. Die Praxis der Gewohnheitsgesetze zur gemeinschaftlichen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und der menschlichen Arbeit im Rahmen des Dap-ay stärkt den Zusammenhalt und die Zusammenarbeit der Gemeinschaften. Gewohnheitsgesetze und -praktiken in Bezug auf Ressourcen gewährleisten Nachhaltigkeit und das Gemeinwohl. Die Tradition der Nutzung kommunaler Ressourcen wie Wasser, Bewässerung und Wald wird im Gewohnheitsrecht definiert, das sich am Prinzip der gegenseitigen Abhängigkeit und des Schutzes der Natur für die künftigen Generationen orientiert. Das Batangan-Waldbewirtschaftungssystem regelt die Nutzung von Waldressourcen, insbesondere die Verwendung von Holz für Häuser. Es erlaubt keinen Missbrauch von Waldressourcen und gewährleistet die Wiederaufforstung für die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes.

Der Ältestenrat als Entscheidungsgremium des Dap-ay muss den Respekt und das Vertrauen der Gemeindemitglieder durch seine Weisheit und Führungsqualitäten bei der Wahrung des Gemeinwohls gewinnen sowie durch seinen Mut angesichts von Schwierigkeiten und seine Tugend, in Selbstlosigkeit den Interessen und dem Wohlergehen der Gemeindemitglieder zu dienen. Die Ältesten wahren Gewohnheitspraktiken und Werte, die Frieden, Harmonie, Zusammenarbeit und Solidarität bewahren. Ebenso sind die Ältesten als traditionelle Wissensinhaber dafür verantwortlich, dass sie dieses Wissen in verschiedenen Formen wie Geschichten-Erzählen und Lernen durch Handeln an die jüngere Generation weitergeben. Dies ist eine wichtige Funktion des Dap-ay, um den generationenübergreifenden Transfer von indigenem Wissen zu gewährleisten, der die Widerstandsfähigkeit und Zusammenarbeit der Gemeinschaft stärkt.

Das Dap-ay als indigene Institution für Selbstverwaltung stellt einen ganzheitlichen Ansatz für eine nachhaltige Entwicklung dar, der den Werten der Wahrung des Gemeinwohls Vorrang einräumt, um den Zusammenhalt und die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft zu stärken, die Natur zu respektieren und zu bewahren und Frieden und Harmonie aufrechtzuerhalten. Als ein wichtiger Schritt zur Erreichung des SDG 16 für indigene Völker sollten ihre Selbstverwaltungssystem wie Dap-ay umfassend anerkannt, unterstützt und gestärkt werden. Es sollte sich auch zu einem System entwickeln, das die uneingeschränkte Beteiligung indigener Frauen an Entscheidungsprozessen ermöglicht, wie dies von indigenen Frauen bei der Wahrung ihrer Würde und ihres Wohlergehens bekräftigt wird.

Die indigene Instituion und Praxis des Dap-ay ist auch für die SDGs 10, 12, 13 und 15 bedeutsam.

Quellen:

  • Solang, Benedict (2012): Dap-ay Indigenous Socio -Political System and Social Values. Unpublished paper presented during 2nd National Indigenous Knowledge Conference, Southern Christian College, Midsayap, Cotabato on February 2012.
  • Cordillera Peoples Alliance and Asia Indigenous Peoples Pact(December 2012): Training Manual for Indigenous Elders’ Engagement with the Government https://www.iwgia.org/images/publications/0646_elder_manual.pdf