Am 26. September 2018 fand im Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn ein in Kooperation zwischen INFOE und dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) organisierter Workshop zum Thema: Klimawandel und indigene Völker: Risiken, Auswirkungen und Resilienz statt. Inhaltlich koordiniert zwischen INFOE und dem DIE und in Zusammenarbeit mit dem ZEF und INRES, beschäftigte sich der Workshop mit den lokalen Erfahrungen und regionalen Strategien indigener und lokaler Gemeinschaften im Umgang mit den Auswirkungen und den Risiken des Klimawandels.
Im Zusammenhang mit der Einrichtung der Plattform für lokale Gemeinschaften und indigene Völker (LCIPP) im Rahmen des Pariser Abkommens und dem kürzlich erfolgten Treffen des ‚Internationalen Warschau Mechanismus für Verlust und Schaden‘ der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) wurde die Frage diskutiert, wie lokales, traditionelles Wissen zur Steigerung der Resilienz von lokalen und indigenen Gemeinschaften beitragen kann und welche Rolle die Wissenschaft sowie die Entwicklungszusammenarbeit für die Förderung und Berücksichtigung dieses Wissens, dieser Anpassungs- und Schutzstrategien spielen kann und sollte.
Der Workshop knüpfte damit thematisch an ein Briefing Paper an, das bei einem Vorgänger-Workshop, der 2017 in einer Kooperation des INFOE mit dem Seminar für Ländliche Entwicklung (SLE) in Berlin stattfand, entstand. In beiden Workshops beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der zentralen Frage der Rolle und des Beitrags traditioneller Lebensweisen zum Klimaschutz und der Klimaanpassung. Dabei wurden die Diskussionen geleitet von der Überzeugung: Das größte Potential zur Klimaanpassung und Risikominderung haben auf lokaler Praxis und lokalem Wissen aufgebaute Strategien, die partizipativ zwischen Mitgliedern der Gemeinschaften, Wissenschaftler*innen und anderen Expert*innen von außen, weiter entwickelt werden. Doch damit nicht genug, denn in den Diskussionen wollten wir herausfinden, was den Kern oder das Wesen dieses lokalen ‚Resilienz-Potentials‘ ausmacht und wie dies von außen besser verstanden, angemessener beachtet und einbezogen sowie gestärkt werden kann.
Hier boten die Forschungsarbeiten der beteiligten Wissenschaftler*innen interessante Einblicke und Ansätze. So finden Dr. Denise Matias und ihre Kolleg*innen in ihrer Arbeit zu traditionellen Bienenzüchter*innen auf den Philippinen einen Zusammenhang zwischen Bildung und dem Erhalt und der Anwendung lokalen Wissens heraus. In ihrer Studie stellen sie dar, wie sowohl eine geringere formelle Bildung, als auch die Vegetationsbedeckung zur Kenntnis der wilden Bienenarten beitragen. Hieraus wird nicht nur die Verknüpfung zwischen kultureller und biologischer Vielfalt wieder einmal deutlich, denn das Beispiel zeigt außerdem auf, wie eng die SDGs und ihre Erreichung miteinander verknüpft sind: Traditionelles Wissen, das lokal auf traditionell informellem Weg weitergegeben wird, ist an die örtliche biologische Vielfalt bestens angepasst und steht in untrennbarer Beziehung dazu. Daher ist die kulturelle Vielfalt und eine lokal und kulturell spezifische ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘ (SDG4.7) so wichtig für den Erhalt der biologischen Vielfalt und damit der Ökosysteme und ihrer Leistungen (SDG15).
Derart in der kulturell spezifischen Erziehung und Bildung verankertes und tradiertes Wissen hat dann auch das Potential in der Zusammenarbeit und einem gleichberechtigten interdisziplinären Dialog mit anderen bzw. äußeren Akteuren auf die Herausforderungen und Auswirkungen des Klimawandels Lösungen zu finden bzw. diese zu entwickeln. In dieser Hinsicht stellten die eindrücklichen Darstellungen der indigenen Vertreter*innen aus Palawan und Mindoro, die im ‚Non-Timber Forest Products Exchange Programme‘ vertreten und engagiert sind, praktisch Beispiele dar. In der Darstellung wurde nicht nur die Bedeutung des lokalen Wissens über den Wanderfeldbau und die Bienenhaltung hervorgehoben, sondern auch, dass die lokal und kulturell fundierten Erfahrungen in einer partizipativen Weiterentwicklung die ökonomische Perspektive von Nachhaltigkeit beachten müssen. Denn so sehr auch der Schutz von Land- und Zugangsrechten, natürlichen Ressourcen und der Erhalt traditionellen Wissens für die Entwicklung nachhaltiger Strategien wichtig sind, so bleiben diese ohne ökonomische Alternativen, die auch den zukünftigen Generationen ein Leben in ihrer Gemeinschaft und auf ihrem Land ermöglichen, für den Klimaschutz oder die Erreichung der SDGs unwirksam bzw. nicht nachhaltig. Hier wird deutlich, wie sehr die einzelnen SDG Unterziele miteinander verknüpft sind und nur in einem umfassenden sowie menschenrechtsbasiertem Ansatz, der auch der kulturellen Dimension von Nachhaltigkeit genüge tut, erreicht werden können.
Der Beitrag von Dr. Bibiana Bilbao zeigte noch einmal eine ganz andere Perspektive und praktische Erfahrung der Pemón in Venezuela mit dem Management von Waldbränden zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und der Klimaanpassung auf.
Doch finden Sie selbst im englischsprachigen Bericht “Report Workshop” des Workshops zu den thematischen Zusammenhängen mehr heraus.