“Für indigene Völker stehen ihre Sprachen nicht nur für ihre Herkunft oder die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, sie beinhalten auch die ethischen Werte ihrer Vorfahren – die indigenen Wissens-Systeme, die sie mit dem Land vereinen und die für ihr Überleben, die Hoffnungen und Bestrebungen der indigenen Jugend von entscheidender Bedeutung sind.

Der heutige Zustand der indigenen Sprachen spiegelt die Situation der indigenen Völker wider. In vielen Teilen der Welt sind sie vom Aussterben bedroht. Der größte Faktor, der zu ihrem Verlust beiträgt, ist die staatliche Politik. Einige Regierungen haben Kampagnen zur Auslöschung indigener Sprachen eingeleitet, indem sie deren Gebrauch unter Strafe stellten – wie dies in den frühen Tagen des Kolonialismus auf dem amerikanischen Kontinent der Fall war. Einige Länder bestreiten weiterhin die Existenz indigener Völker in ihrem Hoheitsgebiet – indigene Sprachen werden als Dialekte bezeichnet und haben eine geringere Bedeutung als die Landessprachen, was zu ihrem möglichen Verlust beiträgt. […]

Die größte Bedrohung geht vom Klimawandel aus, der sich gravierend auf die Subsistenzwirtschaft [indigener Gemeinschaften] auswirkt. Sogenannte Entwicklungsprojekte wie Dämme, Plantagen, Minen und andere Rohstoffaktivitäten fordern ebenso ihren Tribut wie staatliche Maßnahmen, die die Vielfalt minimieren und die Homogenität fördern. […]

Was in Diskussionen oft übersehen wird, sind die Auswirkungen dieser Bedrohungen auf die indigenen Kulturen und Werte. Indigene Völker leiten ihre Identitäten, Werte und Wissenssysteme aus der Interaktion mit ihren Territorien ab, sei es Wald oder Meer. Ihre Sprachen sind von ihrer Umgebung geprägt – es sind ihre Versuche, ihre Umgebung zu beschreiben, die die Grundlagen ihrer einzigartigen Sprachen bilden. Wenn also das Territorium verändert wird, kommt es auch zu Veränderungen in der Kultur und schließlich in der Sprache.”

(Ausschnitte aus dem Artikel von Minnie Degawan Indigenous languages: Knowledge and hope in The UNESCO Courier January-March 2019, Seite 7, Übersetzung Sabine Schielmann)

Mehr über die Bedeutungen und Bedrohungen indigener Sprachen

dem jüngsten Bericht der GfbV

sowie in der Ausgabe 1/2019 des UNESCO Courier: