von Jan Berf

Die Ressourcen der Meere sowie Küstenregionen bilden die Lebensgrundlage von rund drei Milliarden Menschen weltweit. Aus diesem Grund stellen der Erhalt der Meere, Flüsse und Seen sowie der verantwortungsbewusste Umgang mit deren Ressourcen einen fundamentalen Teil nachhaltiger Entwicklung dar. Jedoch werden Meere und Küstenregionen unter Anderem von zunehmender Eutrophierung sowie durch Überfischung bedroht (UN 2019). Auch Deutschland trägt zu diesen Negativentwicklungen bei, da es weltweit einen der bedeutendsten Märkte für Fisch darstellt (Maier 2019).

Dieser Beitrag fokussiert die japanische Insel Hokkaido sowie die dort beheim ateten Ainu. Dabei wird untersucht, inwiefern das indigene Wissen der Ainu zu nachhaltigem Lachsfang sowie Ressourcenmanagement und somit zum Erreichen von SDG 14 beitragen kann.

Die Ainu und der Lachs

Das indigene Volk der Ainu lebte bereits lange vor der japanischen Kolonisierung auf der Insel Hokkaido. Seit jeher bildete der Lachsfang ihre wichtigste Lebensgrundlage (Ichikawa 2001: 246). Darüber hinaus hat Lachs in der Ainu-Kultur eine wichtige spirituelle Bedeutung, welche durch religiöse Esszeremonien (Ebd.) sowie die traditionelle Feier Asir Cep Nomi zur Begrüßung des „ersten Lachs des Jahres“ (Swanson 2015: 107) zum Ausdruck gebracht wird. Die Ainu litten stark unter der japanischen Kolonialherrschaft, die auf eine vollständige Assimilation der Ainu setzte und diesen keinerlei indigene Rechte zusprach. Auch der für die Ainu-Kultur essenzielle, traditionelle Lachsfang wurde Ende des 19. Jahrhunderts verboten (Ichikawa 2001: 247; 274).
Eine Reihe von Eingriffen in das Ökosystem Hokkaidos führte zu einer zunehmenden Verschmutzung der Gewässer, die letztendlich auch eine Reduktion des Wildlachsbestandes zu Folge hatte (Swanson 2018: 124). Allerdings stellte Lachs eine wichtige Ressource da, um die Versorgungssicherheit Japans nach dem zweiten Weltkrieg zu gewährleisten, weswegen die Regierung zunehmend Lachs aus chilenischen Aquakulturen importierte. Ende des 20. Jahrhunderts, als keine Lebensmittelknappheit mehr herrschte, übergab Japan die heimische Lachsproduktion wieder vermehrt in die Hände der Fischer*innen Hokkaidos. Seitdem wird auf Hokkaido zunehmend auf die Konservierung von Wildlachs und weniger auf dessen Ausbeutung gesetzt (Ebd. 2015: 104-106).

Ausblick

Die Ainu, welche 2008 erstmals offiziell als indigenes Volk anerkannt wurden (Swanson 2015: 107), spielten eine maßgebliche Rolle bei der nachhaltigen Entwicklung des Lachsfangs auf Hokkaido. Aufgrund ihres jahrelangen Aktivismus für indigene Rechte erhielten Sie nicht nur erneut die Erlaubnis, Lachs für kulturelle Zwecke zu fangen, sondern konnten die Neuausrichtung der Mensch-Lachs-Beziehungen auf Hokkaido nachhaltig mitgestalten. Darüber hinaus trugen Ainu-Aktivist*innen im großen Stil zum Pi-nay salmon sanctuary project bei, dass den Bau einer industriellen Mülldeponie am Pi-nay Fluss und somit eine zusätzliche Verschmutzung der Flüsse und Küsten Hokkaidos vorerst verhindern konnte (Swanson 2013: 322 f.). Aktuell streben die Ainu nach einer pan-pazifischen indigenen Allianz die Lachs in den Mittelpunkt stellt (Ebd. 2015: 108). Besonders eine Ainu-Mapuche Allianz könnte, laut Swanson (2015: 108) zu einem wichtigen globalen Player bei Fragen des nachhaltigen Ressourcenmanagement, des Lachsfangs sowie indigener Rechte werden.
Für Menschen in Deutschland empfiehlt es sich, um einen positiven Beitrag zu SDG 14 zu leisten, den Konsum von Fisch aus Massenproduktion zu reduzieren und die Geschichte der Ainu zu verbreiten, da diese ein positives Zeichen für nachhaltigen Lachsfang und Wassermanagement setzt.

Literatur

  • Aoyama, Mami, Indigenous Ainu Occupational Identities and the Natural Environment in Hokkaido, in: Nick Pollard (Hrsg.), Politics of Occupation Centered Practice. Reflections on Occupational Engagement across Cultures, Sheffield 2012.
  • Ichikawa, Morihiro, Understanding the Fishing Rights of the Ainu of Japan, Lessons Learned from American Indian Law, the Japanese Constitution, and International Law, in: Colorado Journal of International Environmental Law and Policy vol. 12 Nr. 2 (2001), S. 245-302.
  • Morita, Kentaro et al., A Review of Pacific salmon hatchery programmes on Hokkaido Island, Japan, in: ICES Journal of Maritimes Science vol. 63 (2006), S. 1353- 1363.
  • Sokolova, Tatiana, Indigenous, Local Sustainable? Reflections on the Relevance of ‘Indigenous’ Discourse for Sustainability, in: Johan Gärdebo/May-Britt Öhmann/Hiroshi Maruyama (Hrsg.), Re:mindings. Co-Constituting Indigenous/Academic/Artistic Knowledges, Uppsala 2014.
  • Swanson, Heather Anne, Caught in Comparisons, Japanese Salmon in an Uneven World. Santa Cruz 2013.
  • Swanson, Heather Anne, Shadow ecologies of conservation: Co-production of salmon landscapes in Hokkaido, Japan and southern Chile, in: Geoforum vol. 61 (2015), S. 101-110.
  • Swanson, Heather Anne, Patterns of Naturecultures. Political Economy and the Spatial Distribution of Salmon Populations in Hokkaido, Japan, in: Jason Cons/Michael Eilenberg (Hrsg.), Frontier Assemblages. The Emergent Politics of Ressource Frontiers in Asia, Hoboken 2018.

Internetquellen